Warum Overshoot für die Wirtschaft relevant ist
Die Zukunft war noch nie so vorhersehbar wie heute. Wir wissen, dass die Menschen essen und schlafen werden. Auch wollen sie in der Zukunft mobil sein und sich sicher fühlen. Zudem wissen wir, dass wir in einer Welt leben werden, in der es immer mehr Klimawandel und weniger Ressourcen gibt. Das stimmt für jedes sich auszudenkende Szenario. Ausserdem rückt diese Zukunft schneller auf uns zu, als sich unsere Städte, Unternehmen, Energieinfrastrukturen und Ernährungssysteme darauf einstellen können. Ressourcensicherheit wird daher ein immer zentralerer Parameter. Das verdeutlicht auch der anhaltende Krieg in der Ukraine.
Das macht Ressourcensicherheit zu einem zentralen Treiber der wirtschaftlichen Resilienz. Der anhaltende Krieg in der Ukraine und die dadurch verursachten Unterbrechungen der Ressourcenversorgung sind ein Beispiel dafür. Der Krieg hat unsere fragile Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen gezeigt. Massive Anstrengungen haben uns geholfen, uns von der russischen Versorgung abzukoppeln, aber unsere Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen ist immer noch enorm. Eine rasche Energie- und Ressourcenumstellung wird die Welt mit weniger extremem Klimawandel und die Akteure mit einer weitaus verlässlicheren Ressourcenlage belohnen. Man bedenke nur, dass Deutschland heute 3 Mal mehr verbraucht, als ihre eigenen Ökosysteme regenerieren können. Da Deutschland etwa gleichviel Biokapazität pro Person hat wie die Welt, bräuchte es auch 3 Erden, falls alle so lebten wie die Menschen in Deutschland.
Verlängern wir unsere Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen, so erhöht sich das Risiko, dass wir auf weniger nützlichen (und schließlich gestrandeten) Energie- und Mobilitätsinfrastruktur sitzen. Auch sind wir mehr globalen Spannungen und politischen Unruhen ausgeliefert. Die Ernährungssicherheit wird weltweit besonders kritisch, und auch das hat Auswirkungen auf die global integrierte Wirtschaft Deutschlands.
Wer das Risiko trägt
Die, die mit der Energie- und Ressourcenwende zögern, werden Risiken ausgesetzt, die immer grösser, mittelbarer, und auch ungleichmässiger verteilt werden. Die Ungleichheiten steigen auch zwischen denen, die sich klug vorbereiten und Resilienz aufbauen, und denen, die warten, und sich damit schwächen. Wer sich nicht auf den Wandel einlässt, kommt ins Hintertreffen.
«Es ist unklar, ob Deutschland die Entschlossenheit hat, sich angemessen auf die absehbare Zukunft des Klimawandels und der Ressourcenknappheit vorzubereiten. Der Krieg in der Ukraine mag ein Weckruf gewesen sein, doch gleichzeitig ist der politische Wille zu einer Reorientierung noch gering», sagt Steven Tebbe, Exekutivdirektor von Global Footprint Network. «Zwar gibt es gute Ansätze in der Deutschland, wie die weite Nutzung der Photovoltaik, die Steigerung der thermischen Effizienz von Häusern oder der Ausbau der Windkraft, aber insgesamt ist das Land noch weit davon entfernt, in einer Welt mit anhaltendem Overshoot zurechtzukommen. Die Lücke ist nach wie vor immens.»
Basierend auf den Daten von 2018 benötigte allein der Lebensmittelkonsum der Deutschen Bevölkerung 20% ihres ökoloischen Fußabdrucks.
Unternehmen oder Länder, die sich nicht auf die vorhersehbare Zukunft vorbereiten, werden weitgehend benachteiligt sein. Sich nicht nur schnell, sondern auch richtig zu entscheiden, wird immer wesentlicher, da die physische Infrastruktur von Städten und Unternehmen nur langsam angepasst werden kann, langsamer, als die ressourcenbeschränkte Zukunft auf uns zu kommt. Wo steht Deutschland? Wo stecken die Möglichkeiten?